Geschichten vom Taubnschuster

Die drei Maxn

Max Wolfinger      Taubnschuster Max

Max Gradl             Beermaxn Max

Max Habith           Wirlpeter Max

haben eines gemeinsam:

ihre Abstammung aus dem Taubnschusterhaus.

Die drei waren eng verwandt. Der alte Taubnschuster Ferdinand Wolfinger, der Vater von Max Wolfinger, war auch der Großvater von Max Gradl und Max Habith.

Drei Lebensläufe, geprägt von den Zeitläufen und der familiären Umgebung.

Mit Gemeinsamkeiten und deutlichen Unterschieden, wie das Leben so spielt.

Jeweils fast eine ganze Generation liegt zwischen den drei Maxn.

Kriegs- und Friedenszeiten, Tradition und neues Lebensgefühl haben ihre Spuren hinterlassen.

Das Leben in der Oberpfalz hat sie zu Fleiß und Vielseitigkeit erzogen, um ihr Auskommen und das der Familie zu sichern.

Gemäß dem überlieferten Lebensgesetz ihrer Heimat:

Tag und Nacht arbeiten, einfach leben und stets zufrieden sein“.

 

 

Max Wolfinger

Taubnschuster Max

 

Max Wolfinger wurde 1907 als Sohn von Ferdinand Wolfinger und seiner zweiten Frau Kunigunde, geborene Schwemmer aus Stegenthumbach geboren.

 

Ferdinand Wolfinger war als Landwirt, Schuster und Postschaffner in mehreren Berufen tätig, was in der Oberpfalz üblich war, da eine Tätigkeit oft nicht ausreichte um die Familie zu ernähren. Ein wichtiges Zubrot brachte auch das kommunale Brau- und Schankrecht, das in der Familie Taubnschuster stets ausgeübt wurde.

 

Genauso hielt es sein Sohn Max, der das Anwesen 1931 übernahm. Mit Ausnahme des Schusterberufes behielt er alle Tätigkeiten des Vaters bei. Er nutzte auch sein Braurecht, war Zoiglwirt und bis 1969 unter den letzten Kommunbrauern Eschenbachs. Den Felsenkeller bei den Städeln in der Grafenwöhrer Straße, wo das Familienbier den Gärvorgang durchlief und eingelagert wurde, hatte die Familie im Jahre 1866 gekauft.

 

Max Wolfinger diente als Soldat im 2. Weltkrieg und geriet in englische Kriegsgefangenschaft.

Nach seiner Rückkehr führte er mit seinen Schwestern Anna und Maria die Landwirtschaft fort.

Seine Tiere, besonders die zwei Pferde, die er als Zugtiere nutzte, waren seine Leidenschaft.

Ein Leben lang blieb er unverheiratet.

 

Den Hausnamen  Taubnschuster  liebte er nicht besonders. Wurde er mit diesem einmal angesprochen entgegnete er stets:“Ich heiße Wolfinger!“

 

Max Wolfinger engagierte sich auch im öffentlichen Leben. Er wurde in den Stadtrat von Eschenbach gewählt. Sein sachliches Urteil und hilfsbereites Wesen war allseits geschätzt.

1987 verstarb der letzte Taubnschuster im Alter von 80 Jahren.

 

  

Max Gradl

Beermaxn Max

 

Leben für die Kunst

 

Max Gradl wird 1926 als erstes von sechs Geschwistern in Eschenbach geboren.

Sein Vater Johann (1894-1938) stammte aus der Hafnerfamilie  Gradl (Hofner) am oberen Stadtplatz.

1925 heiratete er Mathilde Wolfinger (1900-1971), eine Tochter des alten Taubnschusters Ferdinand Wolfinger aus der Wassergasse.

Direkt in der Nachbarschaft besaß seine Tante Therese Berr, geborene Gradl (Hofner) zusammen mit ihrem Mann Johann Berr das sogenannte Berrmaxn-Anwesen. Da das Ehepaar Berr kinderlos geblieben war, erbte Johann Gradl das Haus und zog  in die Ledergasse.

Im 1. Weltkrieg war Johann Gradl durch einen Lungenschuss schwer verwundet worden verstarb bereits 1938 im Alter von nur 44 Jahren. Er hinterließ Frau und vier Kinder in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen.

Mathildes Ältester Max Gradl wird im 2. Weltkrieg noch zu den Soldaten geholt.

Nach seiner Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitet er als Elektriker.

1951 heiratet er Ursula Lipinsky. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter. Gemeinsam baut das Ehepaar Gradl in den Fünfziger Jahren auf Familiengrund am Krummen Weg ein Eigenheim. Außer dem Grundaushub geschehen nahezu alle Arbeiten in Eigenleistung. Sogar die Heizung konstruiert der findige und geschickte Handwerker selber. 1966 stirbt seine Frau Ursula nach einer schweren Krankheit.

1970 heiratet Max Gradl ein zweites Mal. Luitgard Schorr, geborene Molitor, eine Beamtin am Amtsgericht Eschenbach, wird zur Muse seiner zweiten Lebenshälfte. Bis zu seinem Tod 2006 führen die beiden eine innige Beziehung. Für jeden Eschenbacher sichtbar sind ihre täglichen Spaziergänge durch die Stadt und Flur Händchen haltend oder Arm in Arm.

Das Erbe der Hafner

Angeregt durch Kunstkurse mit dem Künstlerpaar Langhammer aus Pressath beim Volksbildungswerk beginnt sich Max Gradl seit 1970 künstlerisch zu betätigen.

In seinem Eschenbacher Haus hat er Zeit und Raum seinen Neigungen freien Lauf zu lassen.

Er beschäftigt sich zunächst mit dem Material Ton, das bereits seinen Vorfahren väterlicherseits als Schaffensgrundlage gedient hat.

Die Hafnerfamilien Gradl haben seit Jahrhunderten in Eschenbach Nützliches und Schönes aus Ton geformt und gebrannt: Irdenes Gebrauchsgeschirr, Töpfe, Ofenkacheln u.a.m.

Wegen fehlender Rentabilität ist dieses Handwerk in Eschenbach eingegangen. Max Gradl war mit seiner künstlerischen Tonbearbeitung praktisch der letzte Hafner in dieser Tradition. Viele Tonarbeiten – Masken, Reliefs, kleine und große Figuren – aus der künstlerischen Hinterlassenschaft von Max Gradl erinnern an diese Phase.

Der künstlerische Autodidakt

Max Gradl versucht sich in vielerlei künstlerischen Techniken.

Bildhauerisch arbeitet er mit unterschiedlichsten Materialien: Ton, Holz, Bronze, Natur- und Kunststein, Beton, Draht und Glas. Er verwendet Altmaterial, Schrott aus eigenhändig zerlegten Maschinen. Baut Objekte daraus für Haus und Garten, kombiniert sie mit seinen Skulpturen aus Naturmaterialien.

Er fertigt Holzschnitte, zeichnet und malt. Auch hier wird alles ausprobiert, auffallend viele Hinterglasbilder sind darunter.

Ansonsten wird alles bemalt was der Haushalt hergibt: Papier, Pappe, Holzplatten, Spiegel, Möbelteile, wenn es sein muss auch ein Backblech. Und natürlich fertigt er seine Bilderrahmen selber.

Max Gradl fotografiert auch gerne. Anfangs will er wohl nur dokumentieren: seine Familie, sein Haus, seine Heimat, seine künstlerische Tätigkeit. Später entstehen Bilderstudien mit denen er seine bildhauerischen Arbeiten vorbereitet. Und er beginnt mit der Fotografie zu spielen, zimmert Bildcollagen, verfremdet seine Objekte mit viel Witz und Ironie.

Wenn man die Themen seiner Werke katalogisiert, schälen sich drei große Bereiche heraus.

Da ist zunächst Heimatliches zu nennen. Als alteingesessener Eschenbacher ist es ihm ein Anliegen seine Stadt und das Leben ihrer Bürger immer wieder abzubilden.

Mit wechselndem Erfolg widmet er sich der Portraitkunst.

Für Diskussionen sorgen  seine Aktskulpturen, die in keiner Ausstellung fehlen dürfen.

Der menschliche Körper und das Spannungsfeld zwischen Mann und Frau ist nun mal eines seiner großen Themen. Trotz großer Freizügigkeit wirken seine Arbeiten niemals peinlich. Mit großer Genauigkeit gehen seiner Bildhauerei ausgedehnte Studien, oft am eigenen Körper, voraus.

Das Kunsthaus

Sein Wohnhaus am Krummen Weg füllt sich über die Jahre immer mehr mit seinen Werken. Kaum noch eine Stelle an der Wand ist frei, an jedem freien Platz stehen oder hängen seien Produktionen.

Auch den Garten des kleinen Häuschens gestaltet er mit seinen Figuren und Reliefs. Für die Spaziergänger ist es immer wieder interessant einen Blick über den Zaun zu werfen. In einer Ecke des Gartens hat er sich eine Freiluftwerkstatt eingerichtet, wo er bei gutem Wetter töpfert und Steinarbeiten macht.

Noch im hohen Alter baut er fast ganz alleine auf seiner Terrasse einen interessanten Wintergarten mit selbst gefertigten Kunstglasfenstern und Statuen, wo er die wärmenden Sonnenstrahlen genießt.

Der „Künstler“

Längst ist er für die Eschenbacher nicht nur der Gradl-Max, sondern der „Künstler“ Gradl. Eine auffallende Erscheinung auch mit seiner langen Künstlermähne.

Mit einer Reihe von Ausstellungen haben der Heimatverein, Raiffeisenbank etc. seine Arbeiten einem breiten Publikum vorgestellt. Aber auch außerhalb seiner Heimatstadt macht er Furore. Er beteiligt sich an den Ausstellungen des Oberpfälzer Kunstvereins in Weiden, ist Dauergast im Weidenberger Kunstbahnhof, in Neualbenreuth, in der Fränkischen Schweiz und anderen Orten.

Der Volkshochschule, wo er seine ersten Gehversuche in Sachen Kunst unternommen hat bleibt er verbunden, er ist immer dabei wenn Füsun Canay-Püschl ihre Kunstkurse veranstaltet und auch den Freunden der Malgruppe „Kontraste“ ist er bis zum Schluss treu und beteiligt sich an gemeinsamen Kunstaktionen und Ausstellungen.

Auch wenn die letzten Jahre schon überschattet sind von Krankheiten und Gebrechen.

Als der 80. Geburtstag im Herbst 2006 naht plant er mit dem Heimatverein noch einmal eine große Ausstellung im Taubnschusterhaus.

Kurz nach seinem runden Geburtstag muss Max Gradl den Lebenskampf aufgeben, sein Herz will nicht mehr.

 

Max Habith

Wirlpeter Max

 

Max Habith wird 1941 als Sohn des Landarbeiters Franz Habith und seiner Frau Wilhelmine „Mina“ (1908-1971) in Eschenbach geboren. Mina ist eine Tochter des alten Taubnschuster Ferdinand Wolfinger. Die Hebamme Anna Näger, die über 4000 Eschenbachern auf die Welt geholfen hat, hilft auch bei dieser Geburt im Hause Taubnschuster.

Der Vater Franz Habith stammt aus der südlichen Steiermark. Er kommt als Soldat nach Eschenbach, wo er Mina kennenlernt und heiratet.

Aus dem Krieg kehrt er nicht zurück, er fällt in Russland.

Max und seine Mutter leben auf dem Taubnschusterhof bei Großmutter Kunigunde. Aber der Bub braucht einen Vater und seine Mutter heiratet 1950 den ebenfalls verwitweten Landwirt Josef Roder Wirlpeter (1889-1973) aus der Nachbarschaft.

Max Habith behält seinen Vatersnamen, wird Ministrant bei Stadtpfarrer Meierhofer und wächst in der bäuerlichen Umgebung der Wassergasse zu einem jungen Landwirt heran.

Voller Stolz fährt er den ersten Traktor, einen blauen Hanomag mit dem er auch bei einem Wettpflügen teilnimmt und den er auch heute noch besitzt.

Auch beim Wirlpeter wird Bier gebraut, auf dem Haus liegt eine Brau- und Schankgerechtigkeit.

1962 heiratet Max Habith seine Erika aus Kemnath in der Eschenbacher Pfarrkirche. Im Jahr darauf wird ihm das Anwesen übergeben. Er ist jetzt der Wirlpeter Max.

Das Paar bekommt die Tochter Angelika, die später Lehrerin wird und Matthias Haberberger aus Auerbach heiratet.

Der Wirlpeter Max ist gerne Bauer, hat Tiere im Stall und bestellt seine Felder. Er ist handwerklich geschickt und macht viele Reparaturen in Haus und Hof selber.

Wie so viele oberpfälzer Bauern hat er noch einen Job. Er verdingt sich zunächst als Waldarbeiter, fährt Milch für die Eschenbacher Molkerei und übernimmt schließlich die Stelle als Klärwärter bei der Stadt Eschenbach. Diesen Beruf übt er bis zur Rente aus.

Das Taubnschuster-Anwesen, das er nach dem Tod von Max Wolfinger geerbt hat, renoviert er mit seinem Schwiegersohn und vermietet es an den Heimatverein Eschenbach, der 1994 ein kleines Kulturzentrum in dem alten Ackerbürgerhaus einrichtet.

Das gefällt ihm und er hilft mit seinen  praktischen Fähigkeiten und der Erfahrung als Landwirt, Kommunbrauer und Mann für Alles in der Vereinsarbeit bis heute.