
Kulturpreis des Bezirks Oberpfalz 2019
Laudatio von Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl für den Preisträger in der Sparte „Museen“
Der Kulturpreis im Bereich Museen soll deutlich machen, welch überragende Rolle diese Einrichtungen als Orte der kulturellen Begegnung einnehmen können. Museen sind längst nicht mehr die Schatzkammern und Horte alter Dinge, die hinter Glas und aufs Podest gestellt werden, sondern müssen, um nicht selbst museumsreif zu werden, neue Wege finden. Genau dieser Umgang mit aktuellen Herausforderungen im Museumsbereich war in der Ausschreibung des Kulturpreises des Bezirks Oberpfalz gefragt. Gesucht wurde ein ehrenamtlich geführtes Museum, das durch ein regelmäßiges, kreatives und abwechslungsreiches Kultur- und Ausstellungsprogramm einen festen Platz im lokalen und regionalen Leben einnimmt. In diesem Sinne darf ich nun den diesjährigen Preisträger würdigen: den Heimatverein Eschenbach mit seinem Haus, das den schönen Namen „Beim Taubnschuster. Museum – Kulturhof – Zoigl“ trägt. Seine Ausstellung präsentiert das Museum im sogenannten Ackerbürgerhaus „Beim Taubnschuster“ in der Eschenbacher Altstadt. Die Grundmauern dieses Anwesens reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Bereits seit 25 Jahren dient das Gebäude dem Heimatverein Eschenbach als Ort regelmäßig stattfindender kultureller Veranstaltungen. Im Jahr 2015 erwarb die Stadt Eschenbach das Gebäude und renovierte es aufwändig. Im Zuge dieses Sanierungsprogramms entwarf der Verein das Konzept für die heute gewürdigte Dauerausstellung mit Kulturhof. Seit 2017 gelingt es mit der musealen
Präsentation der Stadtgeschichte, Besucherinnen und Besucher ins Museum zu locken und für die dargestellten Inhalte zu begeistern. Natürlich darf in Eschenbach als einem ehemaligen Zoiglort eine Schwerpunktsetzung auf die Themen Kommunbrauwesen und Bier nicht fehlen. Gerade diese Thematik hilft
dabei, Besucherinnen und Besucher auf niederschwellige Weise ins Museum zu holen und möglicherweise die in vielen Köpfen verbreitete Vorstellung von Museen als langweilige, staubige Orte zu ändern. Ja, auch das Thema Bier kann museal präsentiert werden! Und das in hoher Qualität, was das ausschließlich ehrenamtlich geführte Museum „Beim Taubnschuster“ beweist. Mit einer relativ geringen Anzahl an präsentierten Objekten gelingt es hervorragend, die Ausstellungsinhalte an die Besucherinnen und Besucher zu vermitteln. Auch das große Engagement des Heimatvereins Eschenbach und die enge Zusammenarbeit mit der Stadt sowie entsprechenden Fachstellen tragen entscheidend zum Erfolg des Museums bei. Ich möchte nun gerne mit Ihnen einen genaueren Blick auf die beiden thematischen Schwerpunktsetzungen des Museums werfen. Unter dem Motto „Vom Dorf zur Stadt“ wird die Entwicklungsgeschichte Eschenbachs dargestellt. Wert wird hierbei vor allem auf eine partizipative und interaktive Wissensvermittlung gelegt. Besucherinnen und Besucher sind hier mehr als stille Rezipientinnen und Rezipienten. Sie können sich aktiv mithilfe eines digital vernetzten, dreidimensionalen Stadtmodells über die Geschichte verschiedener Eschenbacher Häuser informieren. Das sehr ansprechende Modell, das in hunderten von Stunden ehrenamtlicher Arbeit erstellt und eingerichtet wurde, ist weit mehr als eine technische Spielerei. Hier werden Informationen unterschiedlicher Tiefe spielerisch und attraktiv vermittelt.
Besonders charmant werden durch eine Audiostation außerdem die alten Hausnamen präsentiert. Der Heimatdichter Franz Streit hat diese in einem Mundartgedicht verarbeitet. Die Wertschätzung und Pflege des Dialekts zeigt sich auch an den regelmäßig im Kulturhof „Beim Taubnschuster“ stattfindenden Lesungen mit regionalen Krimiautoren und Heimatdichtern. Im Ausstellungsbereich „Hopfenblöih und Zoiglstern“ über das Kommunbrauwesen dürften sich vor allem Zoiglliebhaber wie im siebten Himmel fühlen. Zumindest was die Sammlung an historischen Zoiglsternen betrifft, der man gleich nach dem Betreten des
Hauses begegnet. Auch klassische Sammlungen von Bierkrügen und Fässern sowie für den Laien teilweise skurril anmutende Zeugnisse der Eschenbacher Bierkultur, wie etwa Schmuckdeckel für Bierkrüge, sind Bestandteil der Ausstellung. Über das Thema Zoigl kann man sich aber nicht nur theoretisch informieren. Für Besucherinnen und Besucher besteht mehrmals im Jahr bei einem traditionellen Zoiglausschank die Möglichkeit, komplett in die urige Zoigl-Atmosphäre einzutauchen. Gerade bei diesen offenen Abenden verirren sich auch Menschen in die Dauerausstellung, die sonst den Weg ins Museum eher nicht gefunden hätten, bleiben dann aber doch bei dem ein oder anderen Exponat hängen und nehmen, je nach Intensität des vorherigen Bierkonsums, so manche Information mit. In Sachen Technikeinsatz und interaktiver Ausstellungsgestaltung liegt das Museum „Beim Taubnschuster“ im Trend musealer Entwicklungen. Teilweise hat es dabei sogar großen Museen einiges voraus. Diese präsentieren sich bisweilen mit nüchterner Optik und spärlichen Objektinformationen häufig noch im Museumsgewand der 1970er oder 1980er Jahre. Von Innovation und gelungener Vermittlungsarbeit ist dabei selten etwas zu spüren. Anders im Museum in Eschenbach, das großes Potential bietet, dazu beizutragen, den Museumsbesuch in Zukunft als eine attraktive Form der Freizeitgestaltung wahrzunehmen!
Besucherorientierung, ein wichtiger, oftmals jedoch heute noch vernachlässigter Aspekt für gelungene Museumsarbeit, wird hier groß geschrieben. Der häufig an
Museen gerichtete Vorwurf, „verkrustet, selbstbezogen und zu statisch zu sein “1 kann jedenfalls nicht an das Museum „Beim Taubnschuster“ herangetragen werden. Die Besucherinnen und Besucher werden durch verschiedene Medienstationen aufgefordert, ihren Museumsbesuch aktiv mitzugestalten und ihn so selbstbestimmt zu einem spannenden Erlebnis zu machen. Auf diese Weise wird das Museum zu einem Ort der Partizipation, des Dialogs und der Kollaboration – zu einer Social Arena, um es in den Worten museumspolitischer Diskussionen auszudrücken.2 Für diejenigen, die dennoch eine geführte Tour durch das Museum bevorzugen, bietet der Heimatverein Eschenbach Gruppenführungen an. Ganz generell wird die Museumspädagogik groß geschrieben. Keine Selbstverständlichkeit für ein rein ehrenamtlich betriebenes Museum! Und das Museum ist ja bei weitem nicht das einzige Tätigkeitsfeld des Heimatvereins, der beispielsweise auch zwei Schriftenreihen zur Eschenbacher Geschichte herausgibt. Wie bereits angeklungen, zeichnet sich das Museum „Beim Taubnschuster“ nicht nur durch seine Dauerausstellung aus. Regelmäßige Sonderausstellungen sowie ein reichhaltiges Kulturprogramm im Innenhof und im Mehrzweckraum im Dachgeschoss erfüllen das alte Ackerbürgerhaus mit Leben. Großer Wert wird dabei vor allem auf musikalische Veranstaltungen gelegt. Dabei reicht die Spannbreite von Volksmusik über Pop und Rock zu klassischen Konzerten. Das alles trägt zu der vorbildlichen Niederschwelligkeit bei. Wir haben es hier nicht mit einem klassischem Heimat- oder Stadtmuseum zu tun, sondern mit einem Haus, das sich der Stadt öffnet und als Ort der Begegnung fungiert,
ohne dabei Abstriche im musealen Bereich zu machen. Diese Kombination aus Zoiglstube, Kulturhof und Museum machen den „Beim Taubnschuster“
zu dem, was er ist: ein herausragender und wichtiger Ort vielfältiger kultureller Begegnungen, ein würdiger Preisträger!
Ich gratuliere ganz herzlich und möchte dem Heimatverein Eschenbach für sein außerordentliches Engagement danken.
Ich darf den Text der Urkunde verlesen:
DER HEIMATVEREIN ESCHENBACH I.D.OPF. E.V.
HAT MIT DEM MUSEUM „BEIM TAUBNSCHUSTER“
HERAUSRAGENDE LEISTUNGEN ERBRACHT.
IHM WURDE DESHALB MIT BESCHLUSS VOM 3. JULI 2019
DER KULTURPREIS DES BEZIRKS OBERPFALZ 2019 VERLIEHEN.
REGENSBURG, DEN 8. OKTOBER 2019
BEZIRKSTAG DER OBERPFALZ
FRANZ LÖFFLER
BEZIRKSTAGSPRÄSIDENT
Herzlichen Glückwunsch!
Link zur Berichterstattung von OTV